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Harald

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Veröffentlicht am Mittwoch, 03. April 2002 - 09:10 Uhr:   Beitrag editierenBeitrag löschenSchnellansichtBeitrag drucken   Beitrag verschieben (Nur für Moderatoren)

Kürzlich habe ich einmal den Deutschen Wetterdienst per e - Mail kontaktiert, um detailiertere Informationen über Wetterballone zu erhalten. Gestern bekam ich die Antwort, die ich, obwohl sie nichts mit Raketen zu tun hat, dem Forum nicht vorenthalten möchte.

Fragenkatalog und Antworten Wetterballon und Radiosonden


1) Was kostet eigentlich ein Wetterballon und wie viel die dazu gehörende
Radiosonde?

Kosten Ballon: ca. € 10,- bis € 50,-
(abhängig von Ballongröße und bestellter Stückzahl)

Kosten Radisonde: ca. 125,- Euro bis 250,- Euro
abhängig vom Sondentyp und bestellter Stückzahl)


2) Dürfen Wetterballons und Radiosonden von Privatpersonen gekauft und/ oder
betrieben werden?

Kauf von Ballonen und Radiosonden durch Privatbetrieb ist mit Sicherheit zulässig.
Für den Aufstiegsbetrieb ist eine Frequenzzuweisung der RegTP notwendig.
Wegen der möglichen Gefährdung des Luftverkehrs durch Ballonaufstiege ist ab einem bestimmten Gewicht des Ballon-Sonden-Gespannes (500g) eine Genehmigung der Deutschen Flugsicherung (DFS) notwendig. Es empfiehlt sich aber, auch bei geringerem Gewicht des Ballon-Sonden-Gespanns die DFS vor einem Aufstieg zu informieren.
Generell wird die Genehmigung zum Betrieb einer Radiosondenstation von der für den Aufstiegsort zuständigen Landesbehörde erteilt.
Die Durchführung von Radiosondenaufstiegen durch Privatpersonen/Vereine, z.B. auch Amateurfunker, ist meines Wissens grundsätzlich möglich, soweit o.a. Genehmigungen/Frequenzzuweisungen eingeholt worden sind.
Zum Beispiel führt der „Arbeitskreis Amateurfunk und Telekommunikation in der Schule e.V.“ zu Lehrzwecken auch Radiosondenaufstiege auf Amateurfunk-Frequenz durch (Info evtl. beim 1.Vorsitzenden des Vereins, Herrn Wolfgang Lipps, Sedanstr.24, 31177 Harsum,Tel.:05127/69396, email: wolfgang.lipps@t-online.de).


3) Wird als Füllgas Wasserstoff oder Helium verwendet?

Der DWD verwendet sowohl Wasserstoff als auch Helium für seine Aufstiege, wobei bei Verwendung von Wasserstoffgas jedoch die entsprechenden Sicherheitsvorschriften zu beachten sind.


4) Was misst die Radiosonde? Nur die Temperatur? Oder auch andere Parameter,
wie den Luftdruck?

Messung von Druck, Lufttemperatur unf Luftfeuchte, mit GPS-Modul zusätzlich Bestimmung des Höhenwindes (und ggf. der Sondenposition) mittels GPS-Navigationsverfahren. Optional erfolgt im DWD an zwei Stationen auch eine Messung der Ozon-Konzentration in der freien Atmosphäre.


5) Wieviel wiegt die Radiosonde (inklusive Batterie)?

Gewicht der Radiosonde incl. Batterien ca. 250 – 450 g (abh. vom Typ).

Durch einen Fallschirm wird die Fallgeschwindigkeit des Gespannes nach Platzen des Ballons auf kleiner 5 m(s reduziert.
Hersteller von Fallschirmen: u.a. Fa. Renate Mennersdorfer, Abt-Karl-Gasse 18/17, A-1180 Wien; Fa. Bruno Bica, Gentzgasse 22-24, A-1180 Wien


6) Welche Batterietypen werden verwendet?

Abhängig von der Herstellerfirma: Verwendung handelsüblicher Batterien (18 Volt) oder Eigenentwicklung (z.B. Fa. Vaisala: Aktivierung mittels Bewässerung der Batterie, die dann ebenfalls eine Spannung von 18 V liefert).


7) Auf welchen Frequenzen wird (in welcher Modulationsart mit welcher
Bandbreite) gesendet?

Zulassungsbedingungen in Deutschland Frequenzen: 402 – 406 MHz
Kanalrasterung: 20 kHz
Modulationsart: Frequenzmodulation


8) Wie erfolgt die Signalverarbeitung in der Sonde? (Ich vermute, daß z.B. über den Wert des Thermistors die Frequenz eines NF – Oszillators [z.B. eines astabilen Multivibrators]verwendet wird, der dann auf die Sendefrequenz aufmoduliert wird.
Sollte es Ihnen möglich sein, dann mailen Sie mir bitte den Schaltplan einer Wettersonde zu. Es kann durchaus auch der Plan von einem älteren Modell sein!)

Signalverarbeitung abhängig vom Sondenhersteller.
Bei Vaisala z.B. werden kapazitive Sensoren verwendet, wobei die Änderung der Kapazität für jeden gemessenen Parameter sich in der Änderung der Frequenz eines Oszillators auswirkt, der seinerseits den 400 MHz-Telemetriesender moduliert.
Einen Schaltplan können wir Ihnen leider nicht zusenden.


9) Wieviele Typen von Wetterballonen und Radiosonden werden vom Deutschen
Wetterdienst verwendet?

Der DWD verwendet im operationellen Aufstiegsbetrieb folgende Ballone und Sonden:

- Wetterballone: Fa. Totex - 2000g (mit Ozon-Messung), 1000g,
800g, 600g und 200g-Ballone
(bei Aufstiegen auf Schiffen)


- Radiosonden: Fa. Vaisala - RS80-30, RS80-30GA, RS 80-15G (bei Aufstiegen auf Schiffen)


10) Welche Firmen stellen die Sonden und welche die Ballons her?

Sondenhersteller: u.a. Dr. Graw (D; Dr. Graw Messgeräte GmbH, Muggendorfer Str. 95, 90429 Nürnberg; Thieme@graw.de); BBL (D; BBLElektronik@t-online.de); Vaisala (FI; www.vaisala.com); Geolink (F; www.meteomodem.com;); Sippican (USA: www.sippican.com)

Ballonhersteller: u.a. Totex (Japan); Cosmopren (Japan); Kaysam (USA)
PAWAN (Indien)


Die Adressen der Hersteller sind im Internet verfügbar.


11) Wo werden die Signale der Radiosonde zur Auswertung empfangen?
Befinden sich hierzu Peilantennen auf verschiedenen Türmen der Deutschen
Telekom AG oder fährt ein Funkmesswagen der Deutschen Telekom AG oder des
Wetterdienstes dem Wetterballon hinterher?

Aufnahme der Radiosondensignale (und ggf. der Signale der GPS-Satelliten) durch die Bodenstation am Aufstiegsort.
Bei sog. Pilot-Aufstiegen wird keine Radiosonde gestartet; die Höhenwindmessung erfolgt durch Ballonverfolgung mittels Windfinder-Radar i.d.R. vom Aufstiegsort aus. Ebenfalls mittels Windfinder-Radar erfolgt die Höhenwindmessung bei Aufstiegen mit Radiosonden ohne GPS-Teil.


12) Wäre es technisch möglich, einen Wetterballon mit einer WebCam auszurüsten, die seinen Flug live im Internet überträgt (sicherlich eine tolle Idee für eine Werbemaßnahme des Deutschen Wetterdienstes)?

Theoretisch möglich, sofern das WebCam-System (einschl. Batteriepack, erforder-licher Datenaufnahmeeinheit/-verarbeitungseinheit und Telemetrie-Einheit) die maximale Nutzlast des Ballongespannes nicht überschreitet (ca. 500g bei Sonden mit 1000g Ballon, siehe Frage 5!)
Es ist jedoch fraglich, ob ein nutzbares Bild erzeugt werden kann, da die Sonde bzw. Nutzlast an der Verbindungleine zum Ballon erheblichen Schwingungen und Drehbewegungen in verschiedenen Richtungen in Abhängigkeit von Windbedingungen, Länge der Verbindungsleine und Sondengewicht bzw. Nutzlastgewicht unterliegen kann.
Der in Frage 2 erwähnte „Arbeitskreis Amateurfunk und Telekommunikation in der Schule e.V.“ hat bereits Aufstiege durchgeführt, bei denen zusätzlich zur Radiosonde auch eine Video-Kamera (bzw. ein Fotoapparat) am Gespann enthalten war, die auf Grund der Verfolgung des Fluges einschließlich dem Abstieg nach Platzen des Ballons mittels GPS-Ortsbestimmung sofort versucht wurde, zu bergen.


13) Wann und wo werden Wetterballone gestartet?

im DWD:
- operationell an derzeit 9 Aufstiegsstellen im aerologischen Messnetz an festen Terminen (00 u. 12 UTC, an einigen Stationen zusätzlich um 06 und 18 UTC)
- sporadisch an beliebigen Standorten im Rahmen von temporären Messungen zu beliebigen Zeitpunkten u.a. für Standortgutachten, Aussagen zur Smog-Belastung etc.
Bw:
- operationell an 3 festen Aufstiegstellen (zum aerolog. Messnetz gehörig)
- bedarfsabhängig an diversen mobilen Aufstiegsstellen für militärische Zwecke

Weitere Aufstiege erfolgen bedarfsabhängig durch verschiedene Institutionen, Universitäten, Forschungseinrichtungen, Landesbehörden etc.).


14) Finden diese Aufstiege bei JEDEN Wetter immer zur gleichen Zeit statt?

Im operationellen Betrieb werden die Aufstiege regelmäßig zu weltweit gleichen festgelegten Terminen (UTC) durchgeführt, sofern der Start des Ballon-Sondengespannes wetterbedingt (Starkwind; Gefahr von Sondenbeschädigung beim Start !) möglich ist. Ein Ausfall durch wetterbedingte Situationen ist beim DWD jedoch sehr selten.


14) Welches war die größte Höhe, die ein Ballon des deutschen Wetterdienstes je erreicht hat?

Anforderungen an die im operationellen Aufstiegsbetrieb zu erreichenden Höhen im DWD und in der WMO: Erreichen/Überschreiten des 10 hPa-Niveaus (ca. 31.000 m)

Maximal erreichte Höhe im DWD: in dem Zeitraum seit 1995: Station Greifswald, 22. Juni 2000, 00 UTC-Aufstieg mit 1000g-Totex-Ballon, 39,814 km.


15) Welches war die größte Höhe, die von einem Ballon (egal welcher Bauart)
überhaupt je erreicht wurde?

Nach hier vorliegendem Stand: Radiosondenhochaufstiege bis ca. 45 km
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Stefan Wimmer [Moderator] (Stefan)

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Veröffentlicht am Mittwoch, 03. April 2002 - 11:57 Uhr:   Beitrag editierenBeitrag löschenSchnellansichtBeitrag drucken   Beitrag verschieben (Nur für Moderatoren)

Hallo Harald,

da hat sich jemand beim DWD ja richtig Arbeit gemacht. Du hast Dich für die fundierte und ausführliche Antwort hoffentlich nochmal artig bedankt? Solch ein nettes und vorbildliches Verhalten sollte durchaus nochmal gelobt werden...

Danke auch an Dich, daß Du uns an diesen interessanten Erkenntnissen teilhaben läßt!
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Stefan Wimmer [Moderator] (Stefan)

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Veröffentlicht am Mittwoch, 03. April 2002 - 12:02 Uhr:   Beitrag editierenBeitrag löschenSchnellansichtBeitrag drucken   Beitrag verschieben (Nur für Moderatoren)

Ach so:
Was vielleicht noch interessant wäre, ob der DWD seine Sonden eigentlich nach der Landung am Fallschirm birgt oder "pflastert" er im Laufe der Zeit die Umgebung der Meßstationen damit?
Wie weit sind die Landepunkte denn im Allgemeinen so vom Aufstiegsort entfernt?
Was ist, wenn man solch eine Sonde mal irgendwo findet (bei der Suche nach einer abgetriebenen Rakete oder so :)) - darf man die als Souvernir behalten oder ist man (gesetzlich, moralisch) verpflichtet, die dem DWD zurückzugeben? Können die mit solch einer "gebrauchten" Sonde überhaupt noch etwas anfangen?

Fragen über Fragen :) :) :)
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Fabian Kischner

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Veröffentlicht am Mittwoch, 03. April 2002 - 11:36 Uhr:   Beitrag editierenBeitrag löschenSchnellansichtBeitrag drucken   Beitrag verschieben (Nur für Moderatoren)

Hallo Harald.Ich habe mal einen Wetterballon gefunden und auf der Sonde stand das man sie wenn man sie fände "der Entsorgung zuführen solle". Die Sonde sah allerdings noch unbeschädigt aus. Weil ich dachte das die vom DWD diese äußerlich noch intackte Radiosonde noch gebrauchen könnten rief ich den DWD an und meldete den Fund. Der Mann sate das ich die Sonde trotzdem entsorgen solle.(Ich meine es war eine Vaisala Radiosonde)
Kann mir einer von euch sagen warum diese Sonde nur einmal verwendbar war? Denn bei Preisen von 125 bis 250€ finde ich das ziemlich verschwenderisch,wenn man diese Radiosonden mehrmals verwenden könnte und der DWD sie aus "Faulheit" entsorgen ließe.
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Harald

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Veröffentlicht am Mittwoch, 03. April 2002 - 12:08 Uhr:   Beitrag editierenBeitrag löschenSchnellansichtBeitrag drucken   Beitrag verschieben (Nur für Moderatoren)

In der Zeitung "Radiohören & Scannen" ist ein interessanter Artikel über Wettersonden. Durch diesen ist mein Interesse an diesen Geräten erwacht.
Man darf die gefundene Wettersonde behalten. Es gibt Funkamateure, die machen gelegentlich Jagd auf sie. Aber man darf sie (insbesondere nicht zweckentfremdet, z.B. als Minispion) wieder in Betrieb nehmen!
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Fabian Kirschner

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Veröffentlicht am Mittwoch, 03. April 2002 - 12:27 Uhr:   Beitrag editierenBeitrag löschenSchnellansichtBeitrag drucken   Beitrag verschieben (Nur für Moderatoren)

Hallo Stefan
Ich habe mal so eine Sonde gefunden und da stand drauf das man sie wenn man sie findet "der Entsorgung zuführen soll". Da die Sonde von außen unbeschädigt aussah rief ich den DWD an und fragte ob sie die Radiosonde noch gebrauchen können. Der Mann am Telefon sagte mir aber das ich die Radiosonde entsorgen sollte.Ich bin aber noch bevor ich sie entsorgte zu einem Bruder eines Freundes gegangen der sich für Elektronik interessiet und habe sie ihm gezeigt.
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Ralf

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Veröffentlicht am Mittwoch, 31. Juli 2002 - 00:19 Uhr:   Beitrag editierenBeitrag löschenSchnellansichtBeitrag drucken   Beitrag verschieben (Nur für Moderatoren)

Link zu Wetterballone / Radiosonden: http://www.radiosonden.de

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